Langsamkeit ist eine Form der Geschwindigkeit. Geschwindigkeit kann, vereinfacht ausgedrückt, als schnell oder langsam wahrgenommen werden. Vielleicht auch als zu schnell oder zu langsam. Sie ist eine Sache der individuellen Einschätzung und Einstellung. Zum Glück.
Jeder weiss, dass ein Flugzeug schneller unterwegs ist als ein Auto. Ein Auto schneller fährt, als ein Mensch geht. Der Mensch in etwa gleich schnell geht wie ein Fuchs. Und eine Schnecke langsamer kriecht als ein Fuchs durch den Wald streift.
Das ist objektiv messbar. Subjektiv bleibt, wie es der Einzelne – also du – wahrnimmt.
Das gilt ganz genauso für die Geschwindigkeit, in der wir unseren Alltag leben und erleben.
Es ist ein besonders verqueres und irritierendes Paradoxon unserer Zeit, dass uns der rasante technische Fortschritt zwar erlaubt, immer effizienter und schneller zu agieren, uns dabei jedoch in eine Welt bugsiert, in der wir die Kontrolle über die Geschwindigkeit des eigenen Lebens zu verlieren drohen.
Mit Hilfe der Technik sparen wir immer mehr Zeit in der Erledigung unserer privaten und beruflichen Aufgaben. Diese eingesparte Zeit nutzen wir nun ausgerechnet dafür, noch mehr Dinge in unserem ohnehin schon vollgepackten Alltag unterzubringen.
Dabei rinnt uns nun gefühlt die Zeit zwischen unseren Fingern hindurch.
Und weg ist sie.
Dumm nur, dass wir nur diese eine Lebenszeit haben.
Schon die alten Römer haben es geahnt
Beginnen wir, die Langsamkeit dort zu suchen, vor vor langer, langer Zeit vieles begann und sich eine Sprache zum ersten Mal weit verbreitet hat. Im alten Rom.
Das englische Wort für Geschwindigkeit, pace, stammt ab vom lateinischen Wort passus.
Und nun rate mal, was eben dieses passus übersetzt heisst?
Schritt.
Fußspur.
Tritt.
Herrlich, oder?
Und was sagt uns das?
Damals im alten Rom gab es noch keine Autos oder Flugzeuge. Vielleicht Pferdefuhrwerke, denn das Rad war schon erfunden. Oder Schiffe, die die römischen Legionen zu den Schauplätzen ihrer Expansion brachten.
Trotzdem – alles hat mit einem ersten Schritt angefangen. Dann ging es Schritt für Schritt weiter. Immer in der Geschwindigkeit, in der unsere beiden Menschenfüsse uns fortbewegen konnten. Bis sich die Geschwindigkeit der Erfindungen exponentiell erhöht hat und das Tempo unseres Alltags mitgerissen hat. Seitdem sind wir rennen wir unserer Zeit gedanklich und spürbar hinterher. Wie ein Hamster im Hamsterrad.
Wollen wir deshalb jetzt immer in Siebenmeilenstiefeln unterwegs sein?
Jede Reflektion bringt uns an Anfänge zurück. Oder an Punkte, an denen wir schon einmal waren.
So auch bei Wunsch und Wille, das eigene Lebenstempo wieder unter eigene Kontrolle zu bringen. So auch bei der Wiederentdeckung der Langsamkeit.
Daher:
Langsam ist das alte und neue Schnell.
Wiederentdeckung der Langsamkeit – das bedeutet es
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es Stress auslösen kann (nicht muss), wenn man über Langsamkeit spricht oder liest, während man selbst gerade mit der Hektik und all den Verpflichtungen des Alltags kämpft.
Was heisst es also genau, wenn ich von der Wiederentdeckung der Langsamkeit spreche?
Die folgenden Eigenschaften beschreiben die Langsamkeit als Lebensgefühl am besten:
- Es ist die selbstbestimmte Frequenz, in der du dich in deinem Leben mit seinen Aktivitäten bewegst.
- Langsamkeit ist eine Form des Minimalismus.
- LangsamMacher bevorzugen Singletasking und kein Multitasking, sowohl an der Arbeit und auch im Privaten.
- Langsamkeit geht einher mit langsam essen (das klappt bei mir noch nicht so gut) mit bewusst ausgesuchten Nahrungsmitteln.
- Es ist ein innerer Antrieb, sich regelmässig langsam fortbewegen zu wollen, so wie uns die Natur geschaffen hat und dem sprachlichen Ursprung nach am ehesten zu Fuss.
- LangsamMacher wollen nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Wie machen weniger, dies dafür umso intensiver und mit klarem Geist.
- Langsamkeit ist ein Lebensgefühl und eine Philosophie.
- Digital Detox ist kein Fremdwort, auch in abgewandelter Form von langsam eingefärbten Tätigkeiten wie Lesen oder Basteln.
- Es ist ein Herzenswunsch, sich auf die Dinge konzentrieren, die wirklich wichtig sind: Familie oder Freunde zum Beispiel, neue Menschen mit anderen Ansichten treffen, sich Zeit für seine Hobbies schaffen oder Natur und Umwelt schätzen.
- Die Wiederentdeckung der Langsamkeit hat auch ihre kämpferische Seite: Es ist auch eine Rebellion gegen Konsumwahn, Erlebnishektik oder andere kurzweilige Hypes.
- LangsamMacher nehmen sich und haben Zeit, regelmässig zu verschnaufen und durchzuatmen. Bei einem eingefleischten LangsamMacher geht das immer mehr in Fleisch und Blut über und wird so zur Selbstverständlichkeit.
- Langsamkeit ist eine nachhaltige Lebensform. Wir schätzen, was wir haben. Wir nutzen es nicht aus.
- Wo kann man sich am besten nachhaltig und langsam aufhalten? Draussen. In der Natur. Im Grünen oder in den Bergen. Am ehesten dorthin, wo nur die menschlichen Füsse hinkommen können und keine technischen oder fahrbaren Untersätze.
- LangsamMacher sind MutMacher. Sie haben den Mut, bewusst Dinge anders zu machen!
- LangsamMacher haben ein offenes Herz und einen neugierigen Geist. Sie wollen Neues lernen und sich als Mensch und Person weiterentwickeln.
Zusammengefasst: Es geht um die relative Geschwindigkeit von Fortschritt und Veränderung. Relativ deshalb, weil du selbst bestimmst, wieviel du zu welchem Zeitpunkt in dein Leben integrieren willst.
Und das ist nicht gemeint, wenn du die Langsamkeit entdecken sollst
Natürlich stellen sich da Fragen. Gerade dann, wenn man an schwierige Zeiten denkt oder Verpflichtungen, die parallel auf einen einströmen.
Langsamkeit bedeutet auch dann keinen Widerspruch.
Daher zur Klarstellung:
- Die Langsamkeit wiederzuentdecken, heisst nicht, andere mit aufreizend langsamem Verhalten zu provozieren, wenn diese sich gerade im Stress befinden. Oder sie just in diesem Augenblick davon überzeugen zu wollen, sich doch für die Dinge mehr Zeit zu nehmen. Das sind denkbar schlechte Momente, um Veränderungen herbeiführen zu wollen. Das wissen wir alle aus eigener Erfahrung.
- Es bedeutet auch keine Ignoranz relevanter Lebensumstände. Denn es soll nicht heissen, dass du bewusst gegen finanzielle, familiäre, arbeitstechnische Umstände aufbegehren sollst. Wer viel arbeiten muss, um seinen finanziellen Verpflichtungen oder anderen Zwängen zu begegnen, muss dem, zumindest kurzfristig, Folge leisten.
- LangsamMacher heisst auch nicht, mit Scheuklappen und eingefahrenem Horizont durchs Leben zu gehen und sich der gesellschaftlichen oder sozialen Lage nicht bewusst zu sein.
Doch all das befreit nicht davon, sich selbst und anderen auch unangenehme Fragen zu stellen und den Status Quo zu hinterfragen.
Regelmässig und unverblümt.
Möchte ich, was ich tue?
Womit möchte ich gerne mehr Zeit verbringen?
Brauche ich all das wirklich, für das ich arbeiten gehe, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen?
Was kann ich selbst tun, um mich von anscheinend wichtigen Aufgaben oder unangenehmen Verpflichtungen zu befreien? Und wie schaffe ich es, den Dingen mehr Raum zu schaffen, die mir wirklich etwas bedeuten?
Was muss ich ändern? Wie kann ich mich verändern?
Um aus einem alten Leben auszubrechen und in ein neues einzutauchen, kann es notwendig sein, das Hier und Jetzt zu entrümpeln. Den Mut zu haben, Altbekanntes loszulassen. Gewohnheiten zu ändern. Sich auch ein bisschen neu zu erfinden. Alte Spuren zu verwischen und neue Wege einzuschlagen.
Das braucht Mut. Selbstbewusstsein. Beharrlichkeit. Durchhaltewillen. Selbstdisziplin. Neugier.
(Alles Eigenschaften im Übrigen, die einen Fernwanderer auszeichnen.)
Aber hallo:
LangsamMacher sind keine Langweiler!
Auch wir haben Spass am Leben mit all seinen Überraschungen, die uns im Laufe der Jahre offeriert werden.
Auch wir machen verrückte Dinge, auch wenn das andere Menschen anders empfinden.
Doch wir nehmen uns die Zeit dafür, die jede dieser Überraschungen verdient.
Auch wir haben uns um unsere Verpflichtungen zu kümmern und um unseren Lebensunterhalt.
Doch vielleicht haben wir das Glück, als nachhaltige minimalistische LangsamMacher, dass uns das leichter von der Hand geht. Und wir damit befreiter umgehen können. Vielleicht, weil wir weniger brauchen und auch weniger erwarten?
Eins nach dem anderen also.
In einem gesunden Mass und ohne über die eigenen Verhältnisse zu leben.
Bewusst eben.
Mit dem Herz auf dem richtigen Fleck. Und mit dem Wissen um andere und der Sorgfalt für sich selbst.
Und darum lohnt es sich, LangsamMacher zu werden
Die Langsamkeit wiederzuentdecken ist nicht immer einfach. Doch wer Schritt für Schritt vorgeht, wird Wundervolles finden.
Die Wertschätzung des Lebens zum Beispiel.
Und das Gefühl, seine Zeit intensiv zu nutzen. Für Dinge, die Spass machen.
Für manchen ist das eine Form des Glücks.
In jedem Fall bedeutet es die Kontrolle über die eigene Lebenszeit, seine Inhalte, das eigene Tun und die bewusste Wahrnehmung aller Dinge, mit denen wir unsere Zeit verbringen den lieben langen oder besser kurzweilig entspannten Tag.
Für einen heisst das, morgens länger schlafen zu können und nicht im Stress mit all den anderen in der Rush Hour zur Arbeit zu hetzen. Oder sich auf das zu konzentrieren, was man gerade tut. Familie, Freunde, Gleichgesinnte öfter zu treffen und sich auszutauschen. Wieder andere verbringen gerne mehr Zeit im Grünen oder in der Natur. Mancher mag sich täglich Zeit für einen ausgedehnten Spaziergang oder eine Wanderung nehmen.
Die Krönung ist es, täglich das zu tun, was man möchte – und nicht das, was man muss.
Was auch immer du gerne machst, du hast als LangsamMacher öfter und intensiver Gelegenheit dazu.
Gibt es Wertvolleres? Schöneres? Wichtigeres? Gelungeneres? Faszinierenderes?
grüß Gott Frau Jana.
Der sicherste Weg zur Gesundheit ist der Fußweg.
Das ist der Spruch. der Sprüche.
Zum Einen sind viele Menschen darauf bedacht, so wenig wie möglich körperliche Aktivität
durchzuführen.
Zum Anderen gehen genau diese Menschen in diese Fitness Räumlichkeiten, um fit zu werden.
Z,B.. da hat ein Mensch eine automatischen Garagenöffner, wegen der Bequemlichkeit, um dann
später in einem Sportstudio sich zu bewegen..
Da paßt vieles nicht mehr zusammen.
Schönen Tag noch aus Deutschland.
Helmut
30.05.2019
Hallo Helmut,
der Spruch ist wahr und gut. Ich wünsche Dir gutes Zufussunterwegssein!
Fussige Grüsse, Jana