Dieser Artikel ist Teil einer Serie zum Thema Natur und Naturschutz:
1. Teil: Grün tut uns gut! Aber warum?
2. Teil: Wo die Natur Natur sein darf
Ich sitze in meiner Cabina, einer kleinen Hütte, an der Grenze zu einem Nationalpark, an der karibischen Küste Costa Ricas. Es regnet. Nein, pardon, das stimmt nicht. Es giesst in Strömen. Es schifft. Riesige Regentropfen donnern zu Boden. Starkregen. Stundenlang. Tagelang. Ununterbrochen. Das viele Wasser prasselt mit nicht zu bändigender Energie auf die (Wellblech-)Dächer der Häuser. Es ist dieser Krach, dem ich nicht Herr werden kann. Diese Lautstärke und Gewalt, der ich nicht entfliehen kann, macht mir am meisten zu schaffen. Nicht einmal Ohrenstöpsel helfen richtig. Eine Flucht nach draussen ist nur vorübergehend möglich, denn bereits nach wenigen Minuten bin ich komplett durchweicht. Der Regen ist zu stark, um lange draussen sein zu können.
Der Strom ist zwar noch da, das Internet aber fällt aus. Das verstärkt das Gefühl der Isolation. Zum Glück sind hier die wenigsten Wege asphaltiert. Zum Glück sage ich, weil sich so zwar viele Pfützen bilden auf den unebenen Pfaden und Strassen, das Wasser aber dennoch weiträumig ablaufen kann. Angst vor einer Überflutung habe ich nicht, obwohl es hier viele kleine Wasserwege im nahen Cahuita-Nationalpark gibt, die jederzeit über die Ufer treten können. Ich tröste mich und sage mir, dass sie das viele Wasser sogleich im ganz nahen Atlantischen Ozean abliefern.
Es ist dieses Ausgesetztsein, das mir einmal mehr beweist, wie klein und hilflos ich bin oder generell ein Mensch ist, wenn die Natur sich von ihrer für uns unschönen Seite zeigt.
Es mutet komisch an, dass mir das gerade in Costa Rica passiert. Einem Land, welches für die “Initiative Frieden mit der Natur” bekannt ist, mit der der damalige Präsident Oscar Arias im Jahre 2007 einst der Umweltzerstörung ein radikales Ende setzen wollte. In einem Land, in dem fast 25% der Fläche unter Naturschutz stehen, was einer der höchsten Werte in der Welt ist. In einem Land, in dem fünf Prozent aller Artenvielfalt auf der Erde vorkommt. 5% – in einem einzigen, noch dazu winzig kleinen Land wie Costa Rica! In einem Land mit 27 Nationalparks.
Oder habe ich dieses Gefühl gerade deshalb, weil ich in diesem Land voller Natur bin? Weil ich mich hier nicht in ein (flut-)sicheres Haus inmitten einer Stadt zurückziehen kann und unter den Annehmlichkeiten unserer Zivilisation einfach auf das Ende des Dauerregens warte?
Demütig denke ich zurück an mein Studium in Umweltmanagement, welches ich erst kürzlich abgeschlossen habe. Mir fällt ein, wie wenig bewusst und akzeptiert ist, dass die Natur und mit ihr ihre Ökosysteme uns Menschen einen wirtschaftlichen – und nicht nur lebensraumwerten – Nutzen bringen. Ich denke an die Zukunft sowie an meine Wünsche und Hoffnungen für den Umgang mit der Natur.
Ich denke auch an den wichtigen Dokumentarfilm von Leonardo di Caprio, “Before the Flood” oder mit meinen Worten “Bevor es zu spät ist”, der eine Zeit lang frei zugänglich auf Youtube zu sehen ist. Warum eigentlich nur eine Zeit lang?
Dann entziehe ich mich bewusst dieser traurigen und von Hilflosigkeit geprägten Stimmung. Erinnere mich, wie ich es liebe, mich im Grünen aufzuhalten. Die Natur – meine nicht versiegende Kraft- und Energiequelle. Mein Lieblingsort, um meine Sinne zu erholen und wieder zu schärfen. Um auszuruhen und Glück zu spüren.
Mir kommt ein Gedanke, der mich zugleich schmunzeln lässt. Ich spüre Elan, Freude, Unternehmungslust.
27 Nationalparks gibt es im kleinen Land Costa Rica, was ich durch meine Reise gelernt habe.
Doch wieviele Nationalparks gibt es eigentlich im deutschsprachigen Mitteleuropa? In der Schweiz, in Deutschland und in Österreich?
Nationalparks in der Schweiz
In einem Land mit ähnlich landschaftlicher Vielfalt und Schönheit, nur unwesentlich kleiner als Costa Rica, dafür mit fast doppelter Bevölkerung, gibt es – genau einen (in Zahlen: 1) Nationalpark. Der Schweizerische Nationalpark, den ich selbst in den letzten Jahren intensiv besucht habe, ist dafür bereits über 100 Jahre alt und somit der älteste in den Alpen.
Im Gespräch sind zwei weitere Schutzgebiete in der Schweiz, ebenfalls mit dem Schutzstatus eines Nationalparks. Die Entscheidung darüber fällt wohl im Jahr 2017. Ich hoffe, natürlich, auf ein positives Ergebnis, vor allem auch für das Locarnese, der Wanderregion meines Herzens. Die zweite Initiative betrifft die Grenzregion zwischen den Kantonen Graubünden und Tessin und möchte den Parc Adula schaffen.
Nationalparks in Deutschland
In Deutschland gibt es im Moment (Stand November 2016) 16 Nationalparks, die insgesamt eine Fläche von 0.6% des Bundesgebietes ausmachen. Rund ein Viertel der Fläche in Costa Rica, weniger als ein Prozent in Deutschland sind unter Naturschutz gestellt.
Zum Wandern oder zum Erkunden zu Fuss sind diese eigentlich fast alle sehr gut geeignet. Vielleicht mit Ausnahme der Wattenmeere und Boddenlandschaften im hohen Norden des Landes.
Den Nationalpark Hainich, in direkter heimatlicher Nähe, habe ich gerade kürzlich ausgiebig erkundet. Gleiches gilt für die Nationalparks Berchtesgaden, Müritz und den Harz, mit Abstrichen auch für die wunderschöne Sächsiche Schweiz.
Auf meiner Löffelliste ganz oben, für baldiges Erkunden, stehen die Nationalparks Jasmund, Bayerischer Wald und Unteres Odertal.
Nationalparks in Österreich
Österreich, flächenmässig zwischen der Schweiz und Deutschland angesiedelt, ordnet sich auch entsprechend auch in der Anzahl der Nationalparks ein. Im Moment hat das Land sechs Nationalparks.
Davon kenne ich bereits deren zwei, nämlich die Hohen Tauern und das Gesäuse. Der Nationalpark Hohe Tauern befindet sich in der Gegend, in dem sich der höchste Berg Österreichs, der Grossglockner, befindet. Das Gesäuse, in der Steiermark gelegen, liebe ich aufgrund seiner Wildheit. Beide Gebiete habe ich ausgiebig zu Fuss erwandert in den 1990er Jahren, die die Wiege meines alpinistischen Wandererseins sind. Alleine aus diesem Grund werden die österreichischen Alpen immer einen Platz in meinen Herzen behalten.
Welcher Gedanke kam mir im Regen Costa Ricas?
Was habe ich mir nun aber eigentlich vorgenommen in jener Hütte in Costa Rica, im tosenden Regen der Karibik? Woran habe ich gedacht, als mich bewusst von meinem Frust löste und neue Pläne schmieden wollte und neue Ideen bekam?
Ich möchte auch die heimischen mitteleuropäischen Nationalparks kennenlernen! Ausgiebiger, länger, intensiver.
So wie ich es mit dem Hainich und dem Schweizerischem Nationalpark erst kürzlich gemacht habe. Tief eintauchen in die Landschaft und Umgebung. Die Natur erleben. Tiere beobachten. Sich den Wind um die Nase wehen lassen. Die Wärme der Sonne aufsaugen. Die Notwendigkeit des Regens schätzen. Sein. Zuversicht spüren. Ruhe haben.
Diese ganz spezielle Heiterkeit erleben, die bei mir mit langen Wanderungen in der Natur und durch schöne Landschaften verknüpft ist.
Und auch dieses Gefühl hin- und wieder zu erleben, wenn die Natur beweist, dass die Menschheit schlussendlich doch von ihr abhängig ist. Ein Gefühl, welches Demut bewirken kann und sollte. Und das Wissen hervorrufen müsste, mehr für den Schutz unserer Umwelt mit all seinen Lebewesen zu tun!
Im nächsten Beitrag der Serie klären wir, was es braucht, damit ein Schutzgebiet ein Nationalpark werden darf!
Welche Nationalparks kennst du und kannst du empfehlen für einen Besuch? Warum? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen!
“Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.” (Indianische Weisheit)
Liebe Jana,
Du hast mir gerade echt ein bisschen die Augen geöffnet. Für unsere Urlaube recherchier ich immer jedes noch so sehenswerte Stück Natur und natürlich auch alle Nationalparks. Aber für Deutschland hab ich das noch nie gemacht. Nachdem ich jetzt in Costa Rica echt ein bisschen auf den Geschmack des Wanderns gekommen bin werde ich mal schauen, in welchem Nationalpark ich nächstes Jahr mal ein bisschen laufen werde.
LG Annika
Hallo Annika,
meine Augen habe ich diesbezüglich auch kürzlich erst wirklich geöffnet. Wir reisen so viel, zu wirklich entfernten Zielen – und suchen dort unberührte Natur. Dabei haben wir die auch zu Hause, fast vor der Haustür. Dort ist sie vielleicht nicht so exotisch und artenreich, aber es ist dennoch wunderschön. Ich habe kürzlich den Schweizerischen Nationalpark und den Hainich in Deutschland schätzen gelernt und erst dadurch gemerkt, wie schön auch unsere heimischen Nationalparks sind.
Zum Wandern empfehle ich Dir den Nationalpark Berchtesgaden, den Bayerischen Wald sowie Harz und Hainich. Allesamt unterschiedlich, aber es lohnt sich!
Fussige Grüsse, Jana
Interessanter Beitrag, schade, dass es im deutschsprachigen Raum nur so wenige Nationalparks gibt. Weißt du zufällig wie viel Prozent die 6 Parks in Österreich von der Gesamtfläche ausmachen?
lg Babsi
Habs auf der Homepage schon gefunden: “Die österreichischen Nationalparks haben eine Gesamtgröße von 238.035 ha, das sind ca. 3 % der Staatsfläche.” 😉
Hi Babsi,
ja, da haben wir sicherlich noch Nachholbedarf an Nationalparks bei uns. Leider ist das immer ein sehr zäher Kampf, neue Schutzgebiete zu schaffen. Gerade heute hat das Stimmvolk in der Schweiz das Projekt Parc Adula abgelehnt – vornehmlich wohl, weil die Menschen sich nicht an ein Wegegebot im Kern des Nationalparks halten wollten. Das ist sehr schade, sehr schade – wegen so eines banalen Grundes.
Fussige Grüsse, Jana