Mit meiner Fernwanderung über 2700 Kilometer von Budapest nach Eisenach war ich ja schon weit und lange unterwegs. Im Vergleich zum Projekt von Jessie Fröde erscheint das fast winzig.
Jessie ist von Hamburg nach Kathmandu zu Fuss unterwegs. 10.000 Kilometer. Rund zwei Jahre wird es wohl dauern, bis sie in Nepal ankommen wird. Du kannst Jessie hier auf ihrem Weg bis Kathmandu folgen.
Auf “bunterwegs” berichtet sie regelmässig von ihrer Reise und ermutigt andere, bewusst die Abenteuer abseits der Komfortzone zu suchen.
Erfahre im heutigen Interview …
✓ … wie Jessie auf die Idee für ihre Unternehmung gekommen ist,
✓ … wie ihr normaler Tag bunterwegs nach Kathmandu aussieht und ob es überhaupt einen normalen Tag gibt und
✓ … welches der wichtigste Gegenstand in ihrem Rucksack ist.
1. Bist Du generell zuFüssler oder LangsamMacher und gerne zu Fuss unterwegs – im Alltag, auf Reisen, beim Wandern oder in der Natur?
Generell liebe ich es zu Fuss unterwegs zu sein – man entdeckt die Umgebung ganz anders. Bekommt viel mehr mit und findet sich zum Beispiel in einer Stadt viel schneller zu recht. Mir geht es da zumindest so.
Im Alltag versuche ich, sofern möglich, alles zu Fuss zu machen – dass ich selbstständig bin, erleichtert mir das natürlich etwas.
2. Du bist gerade “Bunterwegs2Nepal”, d.h. Du wanderst von Hamburg nach Kathmandu. Wie und warum kam Dir die Idee dazu? Was suchst Du oder was möchtest Du finden?
Die Idee kam mir 2013, als ich in einem Hostel in Istanbul die Wände bemalt habe. Warum, kann ich nicht so genau erklären – die Idee war einfach da. Nepal war schon immer eines meiner Traumziele und ich fragte mich also: Wie kann ich nach Nepal kommen, ohne zu fliegen?
Das erste was mir da in den Kopf kam, war, zu Fuss zu gehen. Also wurde recherchiert, ob es möglich ist.
Unterwegs suche ich nach den Menschen, die in den Ländern leben, durch die ich gehe. Ich möchte ihre Kultur/en und Lebensweise/n entdecken und kennenlernen.
3. Wie muss ich mir den Alltag auf Deiner Fernwanderung vorstellen? Wie planst Du Deine Route? Worauf achtest Du? Arbeitest Du auch unterwegs?
Das Wandern und der Tagesablauf sind schon zu einer Art Routine geworden. Es ist zu meiner Komfortzone geworden, wie man so schön sagt.
Mein grober Tagesablauf:
# Aufstehen – Uhrzeit variiert nach Jahreszeit und Länge der Etappe meistens zwischen 6 bis 8 Uhr. Im Winter geht es oft los, sobald es hell wird.
# Anziehen und Zähne putzen.
# Sachen packen.
# Frühstücken.
# Kurzer Check der anstehenden Etappe.
# Losgehen, gehen – variiert je nach Etappe – zwischen 5 bis 12 Stunden.
# Ankommen und duschen.
# Arbeiten – hängt von der Länge der Etappe ab und ob ich Internet zur Verfügung habe.
# Schlafen.
Ganz so kann man das allerdings auch wieder nicht sagen, denn jeder Tag endet anders – was schon daraus resultiert, dass ich nie weiss, wo ich am Abend schlafen werde.
Für einige eine grausige Vorstellung, für mich Freiheit.
Schon lange plane ich nicht mehr so richtig. Ich recherchiere via Google Maps grob den Weg und in welchen Abständen ich Orte erwarten kann. Das ist es dann auch schon.
Und ja, ich arbeite tatsächlich auch von unterwegs aus. Ich bin freiberufliche Kommunikationsdesignerin mit dem Schwerpunkt Screen Design und Illustration, Social Media Managerin und Bloggerin.
4. Auf Deinem Blog “Bunterwegs” geht es um die kleinen und grossen Abenteuer abseits der eigenen Komfortzone. Warum BUNTERwegs – wie wirken sich diese Abenteuer auf den Abenteurer aus?
Das Wortspiel “bunterwegs” kommt durch meinen Job – als Illustratorin und Desigerin um die Welt. Wenn möglich, versuche ich überall etwas Buntes zu hinterlassen.
Die Abenteuer motivieren und inspirieren meine LeserInen, selbst rauszugehen. Ihren Träumen zu folgen und diese wahr werden zu lassen.
Häufig bekomme ich E-Mails von LeserInnen, die mir von ihrer ersten Nacht im Zelt berichten oder sich endlich mal getraut haben, auch alleine raus zu gehen.
5. Wirkt sich die Entschleunigung und die Langsamkeit beim Wandern auch auf andere Bereiche in Deinem Leben aus? Wenn ja, wie?
Das Wandern auf so lange Zeit gesehen, hat mich zu einem sehr ausgeglichenen und entschleunigten Menschen gemacht.
Ich war schon immer schwer aus der Ruhe zu bringen, aber man merkt mir an, dass ich mich von der hektischen Umwelt selten anstecken oder stressen lassen.
6. Welches Erlebnis zu Fuss unterwegs, egal ob ein schönes oder nicht so schönes, bleibt Dir besonders in Erinnerung? Warum?
Ich kann dir ehrlich gesagt nicht irgendein Erlebnis nennen. Beinahe jeden Tag passiert etwas, das mir in Erinnerung bleibt.
Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Ich hätte nie mit so viel Liebe und tollen Menschen gerechnet, mit denen ich auch jetzt noch in Kontakt stehe.
7. Welche besonderen Entdeckungen oder Erfahrungen machst Du zu Fuss unterwegs?
Kann mich an der Stelle nur wiederholen: Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Ich hätte nie mit so viel Liebe und tollen Menschen gerechnet, mit denen ich auch jetzt noch in Kontakt stehe.
Sie teilen ihr Zuhause, ihr Essen, ihr Trinken mit dir – ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Für die Menschen ist es völlig selbstverständlich – zumindest erscheint es mir so. Ich brauche nur irgendwo an der Strasse zu sitzen, schon fragen Menschen, ob alles in Ordnung ist. Ob ich Hilfe brauche. Oder laden mich sogar zu sich nach Hause ein – zum Schlafen, Tee trinken oder etwas zu essen.
Wer von uns in Deutschland macht das schon?
8. Wenn Du länger unterwegs bist, was darf auf keinen Fall fehlen?
Mein Handy – für Fotos, Videos, (Sprach)Notizen, einfache Social Media Arbeiten.
Unterwegs habe ich schon so viele Sachen verloren oder verschenkt oder sind kaputt oder leer gegangen – es ist alles ersetzbar, nichts ist von Dauer. Ich bin recht minimalistisch unterwegs und habe mich schon auf das Nötigste beschränkt. Da ist der Verlust jeden einzelnen Gegenstandes schon etwas schmerzlich, aber Teil des Geschehens.
9. Mit wem würdest Du gerne mal ein Stück spazieren gehen oder eine Wanderung machen?
Puh, gute Frage. So wirklich habe ich da niemanden im Kopf.
Mag es aber, gelegentlich, meine Erlebnisse unterwegs mit anderen zu teilen – offline. Es ist etwas anderes, wenn man selbst miterlebt und man sich darüber austauschen kann – anders als ein Foto, das oft nicht mal annähernd der Erlebte wiedergibt.
10. “Gehen ist des Menschen beste Medizin.” (Hippokrates) Weil …?
Gehen ist die natürliche Fortbewegung des Menschen und hält ihn weitestgehend fit.
Schönes Interview. Folge Jessie auch schon. Die Gastfreundschaft in diesen Teilen der Welt ist schon erstaunlich, würde ich so nicht vermuten. Und für sehr mutig halte ich sie, in den Regionen allein als Frau unterwegs zu sein…Hut ab.
Mal sehen was sie noch erlebt.
Hallo Bert,
danke, das freut uns sehr, dass das Interview gut ankommt!
Auch ich bewundere Jessie für ihren Mut, gerade in diesen Regionen allein unterwegs zu sein. Respekt! Sie macht da eine Reise und Erfahrung, die sie für ihr weiteres Leben sehr prägen wird. Tiptop!
Ein lieber fussiger Gruss, Jana