Es steht auf meiner Löffelliste. Schon ziemlich lange.
Einen Fernwanderweg gehen.
Nun sind Löffellisten gemeinhin nichts Verbindliches. Oder anders ausgedrückt: der Grad der Verbindlichkeit hängt von der Passion ab, mit man an ihre Erstellung und Durchführung herangeht.
Ich wandere für mein Leben gern. Schon seit meine Eltern mich im Kindesalter regelmässig mit zum Wandern im heimischen Thüringer Wald genommen haben. Später lerne ich die Alpen kennen – und lieben. Aus anfänglichen Wochenendtouren und Wanderwochen von einem festen Standort aus werden im Laufe der Zeit Trekkings von Hütte zu Hütte. Noch heute denke ich dabei sehr gerne an die Stubaier Runde in Tirol und den Bärentrek im Berner Oberland zurück.
Diese Hüttenwanderungen sind, im Rückspiegel betrachtet, meine Anfänge des Fernwanderns. Das 10-tägige Trekking am Baiksalsee und eine Wanderung von Nomadenfamilie zu Nomadenfamilie im mongolischen Arkhangai sorgen dafür, dass der Samen zur Liebe Weitwandern langsam zu einer starken Pflanze heranwächst.
Und dass der Wunsch, einmal jeden Tag über einen längeren Zeitraum wandernd unterwegs zu sein, immer stärker wächst.
Eine Fernwanderung zu machen.
Einem Fernwanderweg zu folgen.
Was ist ein Fernwanderweg?
Ein Fernwanderweg ist ein überregionaler Weitwanderweg. Er durchläuft unterschiedliche Regionen, Kantone/Bundesländer oder gar verschiedene Länder. Dabei sind mehrere Tagesetappen zu bewältigen. Ein Fernwanderweg ist einheitlich und durchgehend markiert.
Am bekanntesten sind die ganz grossen, oder besser langen, Fernwander- und Pilgerwege, die mehrere tausend Kilometer umfassen. Beispiele dafür sind der Jakobsweg, der von überall aus in Europa nach Santiago de Compostela führt oder die 12 Europäischen Fernwanderwege, die alle Enden Europas in allen Himmelsrichtungen miteinander verbinden. Der bekannteste dieser 12 ist sicher der E5, der von der Atlantikküste Frankreichs über die Alpen bis nach Verona führt. Als einer der schönsten gilt Kennern der E2, der vom irischen Galway bis nach Nizza führt. Herausforderungen an das Wandern in der Wildnis sind die sehr naturnahen und wilden Weitwanderwege in den USA wie zum Beispiel der Pacific Crest Trail oder der Appalachian Trail.
Ihr Ruf eilt diesen Wegen voraus. Und, er lockt mich auch.
Ab wann von einer Fernwanderung gesprochen werden kann, ist nicht einheitlich definiert. Eine Länge von 300 Kilometern und eine Wanderzeit ab zwei Wochen stellen weithin akzeptierte Mindestanforderungen dar.
Warum möchte ich eine Fernwanderung machen?
Als LangsamMacher ist eine Fernwanderweg die ideale Möglichkeit, Langsamkeit in ihrer Reinform zu erleben.
Jeden Tag bestimmt der Rhythmus meiner Schritte das Tempo, das Vorankommen, den Verlauf des Tages.
Jeden Tag zu wandern, heisst jeden Tag aktiv zu sein. Es bedeutet, täglich wechselnde Eindrücke zu erfahren und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Landschaften, Dörfer und Städte oder Länder ziehen an mir vorüber. Beim Wandern erkenne und erlebe ich, wie sie sich im Laufe der Schritte verändern.
Die Begegnungen mit anderen Menschen, Wanderern oder Einheimischen, geben den Tagen eine besondere Würze. Ich freue mich darauf, die Menschen vor Ort zu treffen oder mit anderen Weitwanderern ein paar Tage Zeit und Strecke zu teilen.
Eine solch lange Wanderung ist auch dafür prädestiniert, ein paar grundlegende Fragen zu beantworten:
# Was brauche ich wirklich zum Leben?
# Was wünsche ich mir und was vermisse ich? Wie soll mein Alltag aussehen? Gibt es etwas, was ich gerne wieder so hätte, wie es schon einmal war?
# Womit bin ich zufrieden und glücklich?
# Komme ich mit einer solch minimalistischen Lebensweise, wochen- oder gar monatelang täglich aus dem Rucksack zu leben, gut aus? Alles, was ich unterwegs brauche, ist in einem 32 Liter – Rucksack enthalten.
# Wie verändere ich mich – Sichtweisen und Perspektiven – im Laufe der Schritte und Kilometer?
# Was beschäftigt mich warum?
Solche Fragen kann man nicht innerhalb von zwei Wochen, mit einem festgelegten Start- und Enddatum, zufriedenstellend beantworten. “Gut Ding will Weile haben”, sagt ein deutsches Sprichwort.
Oder: für manche Fragen und Antworten darf man sich ruhig auch etwas länger Zeit nehmen.
Eine Fernwanderung ist somit eine tägliche Herausforderung an Kopfkino, Motivation und körperliche Belastung. Diese drei müssen aufeinander abgestimmt werden. Müssen miteinander funktionieren. Aufeinander hören.
Dann wird der Kopf frei und das Herz offen.
Dann bietet mir die Langsamkeit das, was ich an ihr so schätze und was mir so wichtig ist:
Entspannung.
Meditation.
Glücksgefühle.
Darum wandere ich von Budapest nach Eisenach
Doch welcher Fernwanderweg soll es denn nun für mich sein? Die Auswahl aus den vielen verschiedenen Weitwanderwegen, die unterschiedliche Landschaftsformen, Länder und Kulturen berühren, ist schwer.
Natürlich spielt bei einer solchen Frage auch die zur Verfügung stehende Zeit eine Rolle, wobei ich hierbei eine gewisse Flexibilität habe. Das macht es leichter.
Wichtig sind mir für meine erste Fernwanderung:
1. Der Weg sollte durchgehend markiert sein.
2. Ich wünsche mir einen naturnahen Wanderweg, der nicht zu häufig an Strassen entlang führt. Es sollen die leisen Töne der Natur sein, die mich unterwegs begleiten und nicht das Rauschen vorbeirasender Autos und Brummis.
3. Gerne möchte ich unterwegs anderer Weitwanderer kennenlernen. Allerdings schwebt mir vor, einen Fernwanderweg unter meine Füsse zu nehmen, der nicht überlaufen ist. Ich möchte mir nicht am Ende eines womöglich langen und anstrengenden Wandertages Gedanken darüber machen, ob ich auch noch eine Unterkunft finde.
Das schränkt die Auswahl etwas weiter ein. Und dann stosse ich bei meiner Suche auf etwas Naheliegendes. Nicht gedanklich, sondern räumlich. Oder eher heimatlich.
Ich entscheide mich für den “Internationalen Bergwanderweg der Freundschaft”, der von Eisenach nach Budapest – oder andersherum – führt. Dieser Fernwanderweg wurde 1983 von den beteiligten Nationen Ungarn, den heutigen Slowakei und Tschechien, Polen sowie der ehemaligen DDR ins Leben gerufen und aufgebaut. Mit der Zeit und den vielen politischen Veränderungen in Europa ist er etwas in Vergessenheit geraten.
Aber es gibt ihn noch.
Unter seinen Kennern und Begehern wird er mit den Initialen der beiden Städte, die er verbindet, kurz “EB” genannt. “EB” sind dabei die Anfangsbuchstaben der beiden Städte, die der Weg verbindet. Eisenach und Budapest.
Es ist der perfekte Fernwanderweg für mich.
Weil …
… er in meiner Heimatstadt Eisenach startet oder endet,
… er durch Osteuropa führt, einer Region Europas, die mich in den letzten Jahren immer mehr fasziniert und zu der ich aus nostalgischen Gründen eine besondere Beziehung habe,
… er ein echter Bergwanderweg ist und durch die vielen Mittelgebirge der beteiligten Länder führt und dabei Landschaften wie die Beskiden oder Sudeten streift, deren Namen ich zwar kenne, die ich endlich auch einmal kennenlernen möchte und
… er ein schönes und wichtiges Motto hat: FREUNDSCHAFT!
Ist ein jeder Fernwanderweg nicht immer auch ein Weg, um Freundschaften zu schliessen?
Frieden und Freundschaft – eine Vision, die mir aus dem Herzen spricht. Aus diesem Grunde habe ich an meinem Rucksack zwei Friedens- und Freundschaftsfahnen befestigt, die mit mir diesen Weg bis nach Eisenach gehen werden.
Auch ein paar echte Herausforderungen warten auf mich
Jeden Tag wandern ist anstrengend. Für Körper und Geist. Es ist keine Selbstverständlichkeit, täglich durchschnittlich 25 Kilometer zu wandern. Bei Wind und Wetter. Mit müden oder schmerzenden Beinen. Wenn man mal keine Lust hat.
Das Überwinden der eigenen Trägheit ist einer der grössten Herausforderungen unterwegs. Dessen bin ich mir bewusst.
Als Fernwanderer muss ich lernen, auf meinen Körper zu hören. Die kleinen und grossen Wehwehchen wahrzunehmen und nicht richtig einzuordnen. Wenn es mal schwerfällt, braucht es einen eisernen Willen, der die Müdigkeit aus den Knochen vertreiben kann.
Kopf und Körper – beide werden gebraucht.
Eine Fernwanderung bedeutet auch, jeden Tag den Rucksack ein- und wieder auszupacken. Das wird sicher schnell zur Routine oder Gewohnheit, kann aber auch einfach mal richtig lästig sein.
Gleichzeitig sind die täglichen neuen und unbekannten Eindrücke, die auf mich einprasseln werden, Segen und Aufgabe zugleich. Ich kann mir vorstellen, dass es Tage geben wird, an denen der Geist nicht mehr offen genug sein wird, um das Neue zu erkennen und einzuordnen. Nicht, weil es nicht interessant wäre, sondern weil der Geist noch mit den vorigen Erlebnissen beschäftigt ist. Auch mit einer solchen Müdigkeit muss ich rechnen.
Auch die kleinen Aufgaben des Lebens – schlafen, essen, trinken, waschen – müssen erledigt werden. Auch das kann Zeit und Energie kosten. Auch dafür braucht es Kraft und wohl manchmal auch Musse.
Eine Fernwanderung ist eine echte Aufgabe, die es zu bewältigen gilt. Das Schöne daran ist offensichtlich und darauf freue ich mich sehr. Eine Weitwanderung ist auf der anderen Seite auch echte Arbeit und eine Herausforderung, an denen ich als Mensch wachsen kann.
Damit meine Löffelliste nicht nur eine Ansammlung von Wünschen und Träumen bleibt, wandere ich nun von Budapest nach Eisenach. Und tauche ein in die Welt des Fernwanderns – mit allem, was dazu gehört.
2700 Kilometer durch fünf Länder und durch viele verschiedene Berglandschaften.
Darauf freue ich mich.
Deshalb heisst es nun: #bud2esa
Was reizt dich an einer Fernwanderung? Welcher Weitwanderweg kommt für dich infrage und warum? Schreibe es uns gerne in die Kommentare!
Viele weitere Informationen zu meiner Fernwanderung #bud2esa findest du hier!
Hallo Jana, das habe glatt übersehen. Dann bist Du ja jetzt schon unterwegs seit ein paar Tagen. Eine Fernwanderung, das wäre wohl auch etwas, was ich irgendwann mal machen möchte. Mal sehen…
Ich wünsche Dir eine schöne Zeit!
Hi Frank,
danke für Deine Wünsche! Ich geniesse das tägliche Wandern sehr. Es ist eine sehr interessante Erfahrung, die ich jedem Wanderer wünsche. Muss man fast irgendwie mal gemacht werden!
Ein lieber Gruss, Jana
Wow, Jana! Das ist ja der Hammer!!! Ich ziehe meinen Hut vor dir und bin super gespannt auf all das, was du berichten wirst!!!
Hi Jana,
freut mich, dass Du virtuell mitwanderst. Von so einer Fernwanderung träume ich schon lange … :-). Es macht richtig Spaß!
Fussige liebe Grüsse, Jana
Liebe Jana,
ich schlage mich auch schon länger mit einem solchen Gedanken herum und bin nun begeistert, hier bei dir so viele tolle Anregungen, Ideen und TIpps zu erhalten. Ich finde den Gedanken einer Fernwanderung so schön, weil man dann einfach mal eine längere Zeit nur in der Natur sein kann, jenseits von dem normalen Alltag, den wir so haben. Dabei erlebt man das Leben mal ganz anders und kommt auf andere Gedanken und Erkenntnisse. Der Jakobsweg gehört auch zu den Fernwanderwegen, oder?
Hi Caro,
es freut mich, dass Du hier fündig wirst und Dich inspirieren lassen kannst!
Das Schöne am Fernwandern ist für mich auch, jeden Tag unterwegs zu sein. Mal fällt es leicht, mal schwer. Und jeden Tag wieder warten neue Eindrücke auf einen. Der Jakobsweg ist auch ein Fernwanderweg und gilt auch als Pilgerweg. Er ist aber weniger naturnah als man denken mag. Wenn es Dir wichtig ist, viel in der Natur unterwegs zu sein, solltest Du bei der Auswahl “Deines” Weges darauf achten.
Es gibt so viele Fernwanderwege, da lässt sich mit Sicherheit etwas Passendes finden. Mir war auch wichtig, dass der Weg markiert ist. Das macht das Navigieren einfacher und das Wandern sorgloser.
Ein lieber fussiger Gruss, Jana