5 Länder habe ich bei #bud2esa durchwandert. Ungezählte Mittelgebirge dabei überwunden. Rund 150 Dörfer habe ich durchschritten und auch einige Städte. Ich habe viele neue Landschaften kennengelernt. Ich habe verschiedenste Regionen zu Fuss bereist.
Darunter welche, in denen ich mich nicht so wohlgefühlt habe. Mehrheitlich jedoch habe ich Gegenden entdeckt, die mir sehr gefallen haben. Auf die ein oder andere Weise. Das sind Gebiete, in die ich gerne einmal zurückkehren möchte. Davon handelt dieser Artikel.
Zurück dorthin, wo es so schön war
Sehenswerte Städte
Budapest, die Hauptstadt Ungarns als Beginn- oder Endpunkt des “EB”-Fernwanderweges, ist immer eine Reise wert. Ich bin froh, dass ich von Budapest aus gestartet bin. Warum? Aus zwei Gründen. Zum einen kann die grosse Stadt einen Fernwanderer, der gerade 2700 Kilometer durch die Dörfer von fünf Ländern gewandert ist, schlicht überfordern. Zu gross, zu viele Menschen, Reizüberflutung – man mag sich verloren fühlen. Zum anderen ist man nach einer solchen Reise auch gesättigt. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass Ziel einer solch besonderen Reise, wie eine monatelangen Fernwanderung eine ist, erreicht zu haben und dann gleich Sightseeing zu machen.
Unabhängig davon ist das “Paris des Ostens” oder Wiens kleine Schwester auf jeden Fall eine Reise wert. Neben den bekannten Sehenswürdigkeiten wie Fischerbastei, Parlamentsgebäude, Kettenbrücke oder einer Schiffahrt auf der Donau, ist die lebendige Stadt einfach prädestiniert für ausgedehnte Stadtspaziergänge. Für angenehme Erholung sorgen die diversen Heilbäder der Stadt. Zum Ausgangspunkt des “EB” in Budapest-Hűvösvölgyi bringt dich die Kindereisenbahn, die ausschliesslich von Kindern betrieben wird (mit Ausnahme des Zugführers). Bei einer Fahrt durch die Budaer Berge lässt man die hippelige Stadt hinter sich.
In der Ost-Slowakei liegen Bardejov und Prešov direkt am Weg. Bardejov ist bekannt für seinen Stadtkern, der zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Die kleine Stadt ist trotz dieser Auszeichnung nicht touristisch überlaufen. Für die Erholung im Grünen empfiehlt sich das nahe Bardejovské kúpele, ein knuffig interessanter Kurort mit altem Ostcharme. Nicht weit davon liegt das etwas grössere Prešov, das ebenfalls eine historisch bedeutsame Altstadt besitzt. Wer allerdings lebendiges Gewusel erwartet, vor allem am Wochenende, der wird in beiden Städten nicht fündig. Es geht geruhsam zu.
Ganz anders ist das in Košice. Obwohl Košice nicht direkt am “EB” liegt, ist ein Abstecher in die Stadt sehr lohnend. Hier lassen sich ein oder zwei Ruhetage sehr gut verbringen. In der lebendigen und autofreien Fussgängerzone, nur rund zehn Gehminuten vom Bahnhof entfernt, lässt es sich wunderbar flanieren und in Restaurants mit internationaler Küche speisen. In Košice befindet sich das grösste denkmalgeschützte Stadtgebiet der Slowakei wie auch die grösste Kirche auf slowakischem Gebiet, der omnipräsente Elisabeth-Dom.
Unterwegs nach Eisenach gibt es nicht mehr sehr viele grössere Städte. Diese drei slowakischen Städte liegen recht nah beieinander, so dass ich sie sich gut auf einer einzigen Reise miteinander verbinden lassen. Noch idealer ist es, dass man im nahen Sovarer Gebirge auch wunderbar und etwas wild wandern kann.
Wandern, Wandern, Wandern – gerne noch mehr davon!
Gerade Osteuropa ist als Wanderdestination nicht unbedingt bekannt, sieht man einmal vom völlig überlaufenen und dennoch schönen Riesengebirge ab. Dabei muss sich keines der Mittelgebirge und keine der Landschaften, die ich zu Fuss erlebt habe, wandermässig verstecken. Ganz im Gegenteil, sie laden eher dazu ein, noch intensiver erkundet zu werden.
Entgegengesetzt zu meiner Wanderrichtung wären das:
1. Saaletalsperren – Thüringen – Deutschland
Als Thüringerin habe ich nicht schlecht gestaunt über die spannende Landschaft der Saaletalsperren, die ich bis anhin noch gar nicht kannte. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Schöne ist so nah? Burgkhammer- und Hohenwartetalsperre gefallen mir am besten. Dazwischen die fünftkleinste Stadt Deutschlands, Ziegenrück, die neben der mächtigen Saale noch kleiner wirkt als sie eh schon ist.
2. Vogtland – Sachsen – Deutschland
Zur genau richtigen Jahreszeit erreiche ich das Vogtland. Spätsommer und Herbst. So viele Pilze habe ich lange nicht gesehen, und dass, ohne tief in den Wald gehen zu müssen. Einfach schön. Noch besser ist, dass die Wanderwege im Vogtland Asphalt meiden, wo es nur möglich ist. Sehr sympathisch. Ebenso wie die angenehme Mischung aus interessanten Dörfern und lebendigen Kleinstädten wie Oelsnitz und Plauen. Der Kammweg Erzgebirge-Vogtland wartet ganz sicher auf meine Rückkehr!
3. Böhmische Schweiz – Tschechien
Der etwas weniger häufig begangene Bruder der Sächsischen Schweiz ist die Böhmische Schweiz (České Švýcarsko). Immer, wenn etwas nach der schönen Schweiz benannt wird, ist es landschaftlich auch schön. Wunderbar angelegte Wanderwege zwischen Sandsteinfelsen schicken den Wanderer flugs in eine andere Welt. Dazwischen einfache tschechische Dörfer mit Charakter und guter Küche. Wie überall in Tschechien sind die Wanderwege sehr gut markiert.
4. Kéktúra – Ungarn
Für mich gibt es keinen schöneren Wanderweg auf den vielen Kilometern zwischen Budapest und Eisenach, der schöner ist als mein heiss geliebter Kéktúra. Der Kéktúra ist der blau-weiss markierte Hauptwanderweg im Land, rund 1.100 Kilometer lang. Hervorragend markiert, durch einen beständigen grünen Tunnel führend, jeden Tag ein anderer Gebirgszug. Ein fantastisch angelegter Wanderweg mit kaum zu toppender Infrastruktur. Die beste Gelegenheit, das ländliche Ungarn kennenzulernen und mit seinen Menschen in Kontakt zu kommen. Kéktúra, ich komme auf jeden Fall zurück!
Ein liebenswerter Kulturschock
Zwischen all den beschaulichen und ruhigen Ortschaften unterwegs ragt einer heraus, auf den das absolut nicht zutrifft. Dieser Ort liegt landschaftlich beeindruckend am Fusse des einzigen Hochgebirges, welches den “EB”-Fernwanderweg berührt, der Hohen Tatra. Der Ort ist Zakopane, das polnische Wintersportzentrum, in dem das gesamte Jahr über Jahrmarkt ist. Die Einkaufsmeile ist ein einziges Happening, ein Vergnügungspark bespasst auch die Jüngsten, Verkaufsstände gibt es nicht nur am berühmt-berüchtigten Schanzenareal, sondern auch an den Stationen der diversen Bergbahnen. Wo es sonst manches Mal zu wenige Menschen gibt, ist Zakopane ein nicht versiegender Menschenstrom, in dem man sich automatisch mit fortbewegt. Irgendwie muss man das einfach erlebt haben … Für die Flucht vor den Menschenmassen oder die Suche nach natürlicher Stille locken die Berge der Hohen Tatra, egal ob im Sommer oder im Winter.
Zurück dorthin, wo es immer gut geschmeckt hat
Kulinarisch verändert sich das Essen entlang des Weges. Nicht von Tag zu Tag. Auch nicht unbedingt deutlich, dennoch offensichtlich genug. Einzelne lokale Spezialitäten lassen den Wanderer spüren, dass er sich immer wieder in anderen Gefilden befindet. Zu meinen Favoriten zählen:
- Gyümölcsleves: eine kalte Obstsuppe in Ungarn, meist als Vorspeise gegessen, am liebsten mit Erdbeer- oder Kirschgeschmack,
- Pierogi ruskie: gefüllte Teigtaschen aus Polen, Piroggen, gefühlt mit einer Masse aus Kartoffelbrei und Weisskässe, mit gedünsteten Zwiebeln,
- Schladeregucks: aus dem Vogtland, zerrissene Kartoffelpuffer mit frischen Herbstpilzen,
- Strammer Max: eine Scheibe Brot mit gewürfeltem (!) Schinken und Spiegelei, eines meiner thüringischen Leibgerichte.
Zurück dorthin, wo es bei #bud2esa historisch besonders war
Auch historische Berührungspunkte bleiben auf einem so langen Weg nicht aus. Burgen, Schlösser, Kirchen, Bergbau und andere historische Stätten säumen den Weg. Ich gebe zu, dass ich geschichtlich nicht besonders gut aufgestellt bin und mir nur hier und da extra Zeit nehme, um mich mit historischen Hintergründen zu befassen.
Nachhaltig bleibt mir der Duklapass zwischen der Ostslowakei und Polen in Erinnerung. Im 2. Weltkrieg fand hier einer der schlimmsten Schlachten mit mehr als 10.000 Toten statt. Das Kriegsgerät von damals steht noch heute als schweigendes Mahnmal im Gebiet. Als “EB”-Wanderer kommt man automatisch daran vorbei. Geschütze, Panzer, Kanonen. Als ich durch diese Region wandere, empfinde ich einen Hauch Gespenstisches. In der slowakischen Kleinstadt Svidník steht das Kriegsgerät direkt vor den Balkonen der Wohnblocks. Ein sehenswertes Museum erklärt viel Wissenswertes.
Interessant sind auch die Berührungspunkte mit den Minderheiten der Donauschwaben in Ungarn, Sudetendeutschen in Tschechien und den Roma in Ungarn und der Slowakei. Auffällig ist der Unterschied in der Integration der Roma. Während sie in der Slowakei gut integriert sind, verarmen sie in Ungarn immer mehr und leben – bewusst und wohl von beiden Seiten gewollt – am Rande der Gesellschaft.
Wie es sich anfühlt, selbst mal zur Minderheit zu gehören, bemerkt man, wenn man als Wanderer durch diese ungarischen Roma-Dörfer kommt. Diese Wanderstunden sind eine intensive Auseinandersetzung mit eigenen Vorbehalten, Ängsten und Klischees.
Zurück dorthin, wo ich unbedingt noch einmal hin möchte
Und wo war es am allerschönsten? Bei welchen Gebieten bekomme ich schon leuchtende Augen, wenn ich nur daran denke? Welche Bilder zaubern mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen?
Als da wären!
1. Die ungarischen Dörfer
Ungarn war eine besondere Station auf meiner Fernwanderung. Trotz vieler schöner Eindrücke auch in den anderen vier Ländern, hat mich nichts nachhaltiger beeindruckt wie meine rund 30 Tage im Land der Magyaren. Die eindrücklichen und sehr naturnahen Wanderwege machen es einem Genusswanderer leicht. Vor allem haben mir die durchweg interessanten, schmucken, sauberen, idyllischen und charakteristischen ungarischen Dörfer gefallen. Fast ausschliesslich habe ich in Ungarn in diesen Dörfern mit seinen typischen Laubenganghäusern übernachtet – und jedes Mal wieder hat es mir ausnehmend gut gefallen.
Es gibt kaum sogenannte Sehenswürdigkeiten in diesen Dörfern. Ihre Besonderheit ist ihre Normalität. Das einheitliche und gepflegte Ortsbild mit farbig gestalteten Häusern, ein Dorfkonsum, der täglich geöffnet hat, gut gepflegte Selbstversorgergärten und das Miteinander der Einwohner machen für mich die Faszination aus.
Besonders erwähnen möchte ich Terény mit seinem ungarisch-slowakischen Bevölkerungsgemisch und einem besonderen Museum: der grössten privaten Sammlung von Tonbandgeräten weltweit. Uppony, malerisch inmitten von grünen Hügeln gelegen, mit besonders grossen Gärten und stolzen Häusern, hat mir eine Begegnung mit grosser Gastfreundschaft beschert. Das Ökodorf Gömörszőlős besticht durch seinen nachhaltigen Lebensstil, bei dem die Frauen zum Beispiel noch gemeinsam am Dorfofen Brot backen. Die riesigen Wiesen und Weiden in unmittelbarer Nähe verleihen dem winzigen Dorf auch eine natürliche Schönheit.
2. Sovarer Gebirge – Slowakei
Wer es abenteuerlicher mag ist im Sovarer Gebirge (Slanské Vrchy) genau richtig. Kaum begangen mit wilden und wildreichen Mischwäldern. Wanderwege, die so plötzlich verschwinden wie sie begonnen haben. Nur rudimentär markiert und mit GPS zu begehen. Dafür noch immer gefühlte Wildnis am grünen Ende der Welt. Ein idealer Ausgangspunkt ist das winzige Dorf Zlatá Baňa mit einem Hauch von Goldgräberstimmung. Im Sovarer Gebirge sind Unterkünfte Mangelware. Wo schlafen? Am besten in Bardejov, Prešov oder Košice und mit Bussen zum Wandern pendeln.
3. Die Niederen Beskiden in Polen
Beskiden ist eine traditionelle Bezeichnung für Ausläufer der West- und Ostkarpaten. Als ich am Duklapass die Grenze zu Polen überschreite, wandere ich in die Niederen Beskiden ein. Und sie gefallen mir sofort. Es ist wieder diese besondere Mischung, die ich schon an Ungarns Dörfern so geschätzt habe. Friedliche Dörfer, die von der Landwirtschaft leben, inmitten einer intensiv grünen Landschaft. Schmucke alte Holzkirchen mit Zwiebeltürmen, die ihnen einen exotischen Touch geben. Bunte Blumenwiesen zwischen den Orten und Pferdegespanne auf den Strassen. Eine hervorragende Küche und freundliche Gastgeber. Auch die Niederen Beskiden bestechen durch ihre Schlichtheit und die Einfachheit des Lebens.
4. Ungarns waldreiche Mittelgebirge – Bükk, Mátra, Börzsöny und Cserhát
Schöner hätte mein Fernwanderweg Budapest-Eisenach nicht beginnen können als in den markanten ungarischen Mittelgebirgen, die jedes Wandererherz höher schlagen lassen. Ich hätte hier ewig wandern können, ohne dass mir langweilig würde. Auch wenn es nicht so erscheint, haben all diese Mittelgebirge einen anderen Charakter. Der offenbart sich vor allem dann, wenn man die Zeit hat, in ihnen unterwegs zu sein. Eines bieten sie alle vier: wunderbare Aussichten über eine sehr grüne und noch wenig zersiedelte Landschaft.
Ich weiss nicht, ob ich eines Tages noch einmal auf #bud2esa unterwegs sein werde. Vielleicht schaffe ich es, “meinen EB”, meinen ersten Fernwanderweg, einfach noch einmal in umgekehrter Richtung zu wandern: von Eisenach nach Budapest. Dann hätte ich meinen Höhepunkt Ungarn als krönenden Abschluss. Sollte mir das nicht gelingen, bin ich mir jedoch ziemlich sicher, dass ich einmal zurückkehren werde auf den Kéktúra in Ungarn mit seinen traumhaft schönen Landschaften und Eindrücken.
Was denkst du? Noch einmal zurückkehren zu besonderen Orten oder lieber Neues entdecken?
* Beitragsbild von Pedro Piñera Buendía auf Unsplash
Schönes Resümee deiner Reiseschwerpunkte, angenehm zu lesen!
Hallo ztv,
danke, das freut mich sehr!
Liebe fussige Grüsse, Jana
Hallo Jana
Ich bin gerade in Rokytnice v Horlickych Horach und habe soeben von deiner Wanderung von Budapest nach Eisenach gelesen. Sehr sympathischer Bericht, macht Lust darauf. Vielleicht erstmals in Etappen, ich habe keine Erfahrung im Weitwandern.
Viele Grüsse aus dem Adlergebirge
Wolfgang aus Bad Herrenalb
Lieber Wolfgang,
je nachdem, welchen Weitwanderweg Du wählst, kann man einen Fernwanderweg auch ohne grosse vorherige Erfahrung in Angriff nehmen und schaffen. Die amerikanischen Fernwanderwege eignen sich dazu sicher nur bedingt, bist Du aber in Europa unterwegs – mit regelmässiger Rückkehr in Dörfer oder Städte – lässt sich das alles mit den heutzutage zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten gut organisieren.
Nur jeden Tag wandern, dass muss man noch wollen und schaffen. Das ist die grosse und lohnenswerte Herausforderung!
Ich wünsche Dir viel Glück dabei, auch in Etappen! Der “EB” ist ein ganz toller Fernwanderweg, der noch unverfälschte Eindrücke bietet!
Melde Dich gerne bei Fragen!
Ein fussiger lieber Gruss, Jana