Jedes Kind kennt Grimms Märchen von Hase und Igel, in der Pfiffigkeit unüberlegte Schnelligkeit besiegt. In der Fabel von Schildkröte und Hase (nach Äsop) besiegt die langsame Schildkröte den viel schnelleren Hasen, der es mit seiner Schnelligkeit übertreibt.
Und was lernen wir fürs Leben daraus? Anscheinend nichts.
„Weise und langsam. Wer zu schnell läuft, stolpert leicht.“ (William Shakespeare, englischer Dichter, 1564 – 1616)
Es ist schon skurril. Ständig tüfteln wir neue oder filigranere Technologien aus, die unser Leben und Arbeiten effizienter machen sollen. Damit wir Zeit sparen. Noch mehr schaffen können. Damit uns Menschen besser geholfen werden kann.
Und was machen wir mit all dem gut gemeinten Nutzen?
Wir nutzen die eingesparte Zeit, um noch mehr Dinge in Angriff zu nehmen. Wir arbeiten länger, intensiver und vielleicht sogar parallel. Obwohl uns mit mancher Erfindung geholfen werden kann, nutzen wir viele der neuen Entwicklungen nicht so sinnvoll, wie es sein könnte.
Wir sind wie die Hasen aus Grimms Märchen und Äsops Fabel.
Wenn Zeit und Energie da sind, müssen sie genutzt werden. Aktiv sein ist ein Schlagwort. Immer am Ball bleiben ein anderes. Die Lebenszeit sinnvoll nutzen eine direkte Aufforderung, das Beste aus der Zeit zu machen, die uns zur Verfügung steht.
Die Konsequenzen? Ein hektisches Leben. Pausenloses Wirbeln. Kaum noch zur Ruhe kommende Sinne, Gedanken, Körper. Ein an uns vorbeischiessendes Leben. Auf myMonk habe ich gelesen: “Beschäftigt zu sein ist meistens das Gegenteil von gut genutzter Lebenszeit.”
Ist das ehrlich erstrebenswert?
Wäre es nicht schlauer, Igel oder Schildkröte zu sein?
Was sinnvoll ist, entscheidet idealerweise jeder Mensch für sich selbst.
Meine Empfehlung: Bewusst langsam machen. Gegen innere und äussere Widerstände.
Eine kleine Veränderung mit grosser Wirkung.
Warum?
Darum!
Es gibt viele gute Gründe für die Wiederentdeckung der Langsamkeit. Drei gewichtige findest du in diesem Artikel!
Auch wenn es schwerfällt: Bewusst langsam ist das neue Schnell!
Als zuFüssler und LangsamMacher rebelliere ich gegen einen ruhelosen Lebensstil, der mir kaum Zeit zum Verschnaufen und zum bewussten Wahrnehmen erlaubt. Ich möchte es ausdrücklich und überlegt langsam angehen lassen.
Natürlich weiss ich, dass es Sachzwänge und unabänderliche Notwendigkeiten im Alltag gibt, denen man / ich nicht einfach entfliehen kann. Auch wenn ich bewusst langsam agiere, kann ich nicht nur machen was ich will oder wie ich es gern hätte. Das ist so und wird immer so bleiben.
Doch in diesem vorgegebenen Rahmen kann und möchte und darf ich mich frei bewegen.
Ich möchte mein Leben so authentisch wie möglich gestalten, in dem ich einen oder mehrere Gänge zurückschalte. Authentisch verträgt sich nur in einem begrenzten Rahmen mit Schnelligkeit. Also muss ich langsam(er) machen.
Bewusst langsam ist das neue Schnell!
Um …
Sinnvolles tun und Sinne schärfen
Eine aktuelle Studie zeigt auf, dass sinnvolles Agieren wichtiger ist als Glück. Den Probanden erschien es wichtiger, sich für das “Richtige” Zeit zu nehmen, weil es wertvoller und nachhaltiger ist, als das Empfinden kurzfristiger Glücksgefühle, die auf rein materiellen Dingen beruhen.
Sinnvolles tun ist wichtiger als die schnelle Suche nach Glücksgefühlen!
Wer Sinnvolles tut, muss dafür Zeit aufwenden. Sich für etwas Zeit nehmen, schärft den Fokus. Sich auf etwas zu konzentrieren, fordert Konzentration und fördert Achtsamkeit. Zumindest dann, wenn man es richtig und bewusst machen möchte. Fokus, Konzentration und Achtsamkeit schärfen die Sinne.
Mit geschärften Sinnen fällt es automatisch leichter, das Wichtige zu tun und den Rest sein zu lassen. Multitasking und Langsamkeit vertragen sich per se nicht. Der Fokus auf eine einzige Aufgabe hilft, sich nicht mit anderen Dingen abzulenken.
Und das alles mit dem charmanten Nebeneffekt, dass die Gesundheit davon profitiert, wenn man Sinnvolles tut.
„Wenn man zwei Hasen jagt, lässt man einen zurück und verliert den anderen.“ (Russisches Sprichwort)
Gut Ding will Weile haben
Wenn du es eilig hast, handle bewusst langsam.
Nimm dir Zeit für wichtige und wegweisende Entscheidungen. Überstürzt und im Stress kann es schon mal passieren, einfach den Weg des geringsten Widerstandes einzuschlagen. Damit ist die Entscheidung vom Tisch und eine Aufgabe weniger zu erledigen. Das kann ein Trugschluss sein. Vor- und Nachteile abzuwägen oder das Für und Wider zu durchdenken, hilft, die langfristig bessere Entscheidung zu treffen. Würdige die Details. Präsent zu sein stellt sicher, dass du nicht abgelenkt bist, wenn du darüber nachdenkst.
Es kann schwierig sein, für eine solche Entscheidung mehr Zeit einzufordern. Lass dich nicht verrückt machen, hole dir diese Zeit oder fange rechtzeitig an.
Es gibt andere einfache Beispiele, um bewusst vom Gas zu gehen. Zum Beispiel ist es schlau, langsamer zu arbeiten als alles schnell-schnell zu machen. Ab und zu mal faul zu sein, kann auch Vorteile haben. Bewusst langsam zu essen würdigt dein Essen. Langsam Auto zu fahren reduziert den Stress, lässt dich deine Umgebung genauer wahrnehmen und schont deinen Tank. Wenn es möglich ist, gehe lieber gleich zu Fuss.
„Ich würde nur einem Gedanken trauen, der mindestens 10 Kilometer gewandert ist.“ (Friedrich Nietzsche, deutscher Philologe, 1844 – 1900)
Mit Abstand zu mehr Kreativität
Bewusst langsames Agieren schafft Abstand. Abstand von Hektik, Chaos und Überforderung unserer schnellebigen Zeit. Abstand vom Stress. Und das schafft Ruhe und Raum für Anderes. Eine langsamere Gangart schafft Zeit, die man nach eigenem Gutdünken nutzen kann.
Kommen Geist und Sinne zur Ruhe laufen sie zur Höchstleistung auf. Du wirst neue Seiten an dir feststellen oder besondere Eigenschaften wiederentdecken. Ich werde kreativ, wenn ich langsam unterwegs bin. Eine Seite an mir, die ich schon fast vergessen glaubte. Oder ich schaffe es, offene Herausforderungen, die im Stress noch unlösbar erschienen, aus einem anderen Blickwinkel anzugehen und so oftmals zu bewältigen.
Dinge bewusst langsam anzugehen, hilft dir, verschiedenste Fähigkeiten zu erlernen. Du formst Gewohnheiten, die andauern. Sich durch Langsamkeit selbst zurückzunehmen wird dich belohnen. Gesparte Energie erlaubt dir, länger durchzuhalten. Weil Kraft und Elan noch da sind.
„Ich bin mir selbst ein Freund. Ich nehme ernst was ich denke und empfinde. Die Zeit, die ich dafür brauche, ist nie vertan. Das selbe gestehe ich auch den anderen zu.“ (Sten Nadolny in: Die Entdeckung der Langsamkeit)
Wer bewusst langsam macht, kommt schneller ans richtige Ziel.
Wer sich regelmässsig bewusst eine Auszeit nimmt oder kontinuierlich langsam macht, erhält sich seine Schaffensfreude – und nicht nur die für die tägliche Arbeit, sondern auch in der nicht minder wichtigen Freizeit.
Wer bewusst langsam macht, macht eine vermeintliche Schwäche zu Ausdauer, Gründlichkeit, Entspannung und Gelassenheit.
Verlangsamung ist eine beabsichtigte Entscheidung. Sie ist nicht immer einfach umzusetzen. Es braucht den unbedingten Willen dazu.
Wie für alle Dinge, die zu einer grösseren Wertschätzung des Lebens führen.
* Beitragsbild: Fotolia
Liebe Jana,
Langsamkeit und der Fokus auf eine Sache sind wichtig für Körper, Geist und Seele. Ich gebe zu, im Joballtag gelingt mir das nicht immer. Hier ist manchmal Multitasking angesagt und das Hamsterrad dreht sich teilweise schneller als es mir gut tut.
Den Ausgleich aber gibt es dann am Wochenende und vor allen Dingen im Urlaub. Hier plane ich meine Reisen nicht bis ins Details, sondern lasse mich gerne treiben. Das kann dann auch mal ein Strandurlaub an der Nordsee sein, wo ich drei Tage an einem Ort bleibe und einfach nur die freie Zeit bewusst wahrnehme. Das ist Erholung pur.
Viele Grüße
Brigitte
Liebe Brigitte,
danke für Deine Gedanken.
Ich kann mir vorstellen, dass es uns allen schwerfällt, in unser schnellebigen Zeit mitzuhalten, aber auch einmal bewusst gegenzusteuern. Aus eigener Erfahrung habe ich gelernt, dass es sich auf jeden Fall lohnt, diesen Aufwand bewusst in Kauf zu nehmen. Viele Aufgaben oder Herausforderungen lassen sich besser und meist auch einfacher/zügiger meistern, wenn wir Körper und Geist eine Erholungspause zwischendurch bieten.
Dem Hamsterrad muss ein Schnippchen geschlagen werden 🙂 – mit bewusster Langsamkeit geht das.
Fussige liebe Grüsse, Jana