Unsere Welt krankt an der Gier des Menschen. Der Gier nach immer mehr Konsum und Geld. Doch diese Gier ist ein fataler Irrtum: Immer noch glauben zu viele Menschen, dass Luxus und wirtschaftliches Wachstum sie glücklicher und zufriedener machen könnten. Doch das ist falsch.
Inzwischen werden uns die Schwierigkeiten eines Lebens im Überfluss sukzessive bewusster. Auch, was den Umweltschutz betrifft. Dass wir noch lange nicht am Ziel sind, zeigen kürzliche Entscheidungen, die den Naturschutz weiter dem Profitstreben opfern.
1999 wandere ich zwei Wochen lang auf dem Grossen Walserweg. Zwei Wochen führen mich die Wanderwege zwischen Prättigau, Montafon, Grossem und Kleinen Walsertal und der Silvretta über Bergpässe, Täler und durch kleine Alpendörfer. Dabei habe ich auch im beschaulichen Silbertal, in der Nähe von Bludenz, Station gemacht. Ich erinnere mich daran, wie ich nach einem Aufstieg durch einen dunklen, schattigen Wald auf dem sonnendurchfluteten Kristbergsattel oberhalb des Silbertals ankomme.
Wie ich das so gerne mache, auch heute noch, lasse ich mich auf dem Sattel, bei herrlichster Aussicht, auf die Wiese fallen, strecke alles von mir und mache ein Nickerchen. Irgendwann werde ich von einem Grashüpfer geweckt, der auf meiner Hand ebenfalls einen lauschigen Pausenplatz gefunden hat. Noch heute erinnere ich mich an die zwei Tage in dieser Gegend, als sei es gestern gewesen. Das vergleichsweise wenig besuchte Silbertal ist für mich seither der Inbegriff von Idylle und Beschaulichkeit.
Bis kürzlich.
Mein momentanes Leben als Digitaler Nomade führt mich wieder in die Region, das erste Mal seit damals. An einem sonnigen Wintertag kehre ich ins Silbertal zurück und möchte die lebendigen Erinnerungen an Ort und Stelle wieder aufleben lassen. Sofort erkenne ich den Kristbergsattel wieder, über den ich damals in das Tal abgestiegen bin.
Doch jetzt sind dort Skilifte und ein kleines Skigebiet. Auf einer Höhe von rund 1500 Metern.
Noch ein Skigebiet in einer Region, in der es innerhalb weniger Kilometer ein Dutzend weitere, und höher gelegene, gibt.
Wozu dann noch ein weiteres?
Mich schüttelt es. Es macht mich traurig. Und es macht mich wütend, obwohl ich mich gleichzeitig absolut hilflos fühle.
Ich komme mir vor wie in einer Endlosschleife.
Und habe ein Déjà-vu. Oder wohl eher gleich zwei.
Im Herbst 2016 lehnen die stimmberechtigten Gemeinden in Graubünden und im Tessin den möglichen neuen Nationalpark Adula in der Schweiz ab. Im Herbst 2017 weicht die bayrische Landesregierung den seit 1972 bestehenden Naturschutz “Alpenplan” auf, um in einer der am meisten geschützten Zonen eine neue Skischaukel bauen zu können. Auf rund 1600 Metern Höhe. Dort also, wo heutzutage regelmässig auch in den Alpen Schneemangel herrscht.
Warum entscheiden sich Menschen immer wieder gegen den Naturschutz?
Warum?
Weil in unserer Wohlstands- und Wachstumsgesellschaft der Konsum- und Erlebnishunger immer weiter voran schreitet. Unaufhaltsam.
Weil Menschen Angst vor Verlust haben. Und damit sind vielfältige Verluste gemeint. Verlust von Gewohnheiten, Verlust von Verdienstmöglichkeiten, Verlust von Wachstumsmöglichkeiten.
Warum nur glauben wir Menschen in solchen Momenten immer, etwas Greifbares zu verlieren?
Das hat zutiefst psychologische Gründe. Und es liegt in der Natur der Sache. Welch’ ein Wortspiel. Naturschutz ist ein sehr langfristiges Projekt, dessen positive Auswirkungen sich oftmals erst nach dem eigenen Lebensende zeigen. Was kümmern mich die Probleme in der Zukunft? Dann bin ich ja schliesslich nicht mehr auf dieser Welt … Das kurzfristige Denken dominiert, weil es kurzfristig zu neuen Glücksgefühlen führt.
Und vermutlich, weil man die Vorzüge und Nutzen von Naturschutz und Ökosystem nicht kaufen und in den Schrank stellen kann.
Etwas, das nichts kostet, hat für uns Menschen weniger wert.
Bescheidenheit, Genügsamkeit oder Nachhaltigkeit mutieren zu Fremdwörtern, für die es heutzutage weder Raum noch Zeit zu geben scheint. Lieber umbauen wir uns gedankenlos mit einer immergleichen und charakterlosen Monotonie, der wir dann entfliehen wollen, weil wir uns in ihr nicht mehr wohlfühlen.
Doch wohin sollen wir dann gehen? Die schöne, erlebnisreiche, intakte, Erholung bietende Natur und Umwelt haben wir ja zerstört.
Dabei ist es relativ einfach.
Je weniger man will, desto eher wird man zufrieden sein.
Wie schaffen wir es, den Alpenplan und unsere Natur zu schützen?
Natürlich nur zusammen.
Doch am Anfang auch jeder für sich allein.
Zuerst müssen wir alle – individuell – das eigene Bewusstsein verändern. Erforschen, was man wirklich will. Auf das eigene Herz hören und nicht auf die Bilder mit den Dollarzeichen und materiellen Wohlfühloasen, die der Verstand erschafft. Als Vorbild agieren. Andere Menschen motivieren, mitzumachen.
Es erscheint aussichtslos. Zwei völlig entgegengesetzte Positionen prallen aufeinander. Wirtschaftslobbyismus gegen Naturschutz. Die Macht des Geldes gegen die Natur, die sich nicht selbst artikulieren kann.
Was tun also?
Das Gespräch suchen. Immer und immer wieder.
Und nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen.
Geduld aufbringen. Unendlich viel. Millimeterweise aufeinander zugehen.
Zuhören, in das Gegenüber hineinversetzen, fühlen, verstehen, Kompromisse vorschlagen und auch annehmen können.
Und dann braucht es auch Mut.
Mut, sich ganz bewusst und öffentlichkeitswirksam gegen Freizeit oder Ferien in Regionen, die so leichtfertig den Naturschutz opfern, zu entscheiden. Denn wenn es finanziell schmerzt, dann fangen viele profitorientierte Manager an, hinzuhören. Aber auch erst dann.
Mut, für die eigene Überzeugung öffentlich einzustehen – mit mehr als einem Like oder dem Teilen in den Sozialen Medien. Zur eigenen Meinung stehen, auch wenn sie die Minderheit repräsentiert (oder auch: gerade dann!).
Mut, dafür auch mal wieder auf der Strasse zu demonstrieren!
Mut, andere Menschen zu mobilisieren.
Mut, zu zivilem Ungehorsam?
Wo anfangen?
Mit deiner Unterschrift unter dieser Petition, die den Alpenplan schützen möchte.
Viele weitere nützliche Informationen und weiterführende Links zum Alpenplan und zur Initiative #bloggerproalpenplan findest du bei Ulligunde.
Unterstützt du uns?
Dann sprich mit Freunden und Bekannten über #bloggerproalpenplan und Naturschutz. Hilf uns, mediale Aufmerksamkeit zu bekommen!
Dafür danke ich dir. Von ganzen Herzen!
#dankealpenplan
* Beitragsbild von Jonas Verstuyft auf Unsplash