Sollte man wirklich allein wandern? Ist das nicht zu gefährlich? Oder langweilig? Dieser Beitrag nähert sich dieser Fragestellung auf andere Art und Weise. Bietet es nicht unerwartet Schönes, allein zu wandern? Kann Wandern in einer Gruppe auch stressig sein?
Um es vorweg zu nehmen: Die Entscheidung, ob mal in der Gruppe oder allein wandern möchte, muss jeder Wanderer für sich selbst treffen.
Auch dieser Beitrag kann die letztendliche Entscheidung niemandem abnehmen.
Doch er kann unterstützen, sich zu den wichtigsten Kriterien die richtigen Gedanken zu machen und das Für und Wider gegeneinander abzuwägen.
Allein wandern oder in der Gruppe – darüber lohnt es, nachzudenken
Wandern ist eine Symphonie aus Bewegung, Sinneseindrücken in einer sich ändernden Landschaft, Anstrengung, Genuss, Herausforderung, Stille, Unbekanntem, Begegnungen, Naturerlebnis und Müssiggang.
Das ist es wert, sich in angenehmer Gesellschaft zu befinden.
Entweder ausschliesslich mit sich selbst oder in einer Gruppe von Bekannten, Gleichgesinnten oder auch bis dahin unbekannten Menschen.
Doch wie findet man die gewünschte und manchmal vielleicht auch notwendige Gesellschaft für sich selbst heraus?
Möchte man einschätzen, ob man allein wandern geht oder in einer Gruppe unterwegs sein möchte, lohnt es sich, sich über einige wesentliche Kriterien Gedanken zu machen. Die Liste ist nicht abschliessend; es lassen sich ganz sicher weitere Punkte finden, die in Betracht gezogen werden können. Gleichermassen muss man auch nicht jedes Mal alle nachfolgenden Punkte in seinen Überlegungen einbeziehen.
Die folgenden Anhaltspunkte sollte man sich vor einer Wanderung für die Frage der Begleitung durch den Kopf gehen lassen:
Sicherheit
Das Thema Sicherheit bei einer Wanderung betrifft das Gelände, die Anforderungen an den Wanderer, das Wetter und die Region, in der man unterwegs ist.
Es steht dabei ausser Frage, dass es im Falle eines Unfalls, bei plötzlich auftretenden gesundheitlichen Problemen oder einer Wetterverschlechterung immer besser ist, nicht allein auf sich gestellt zu sein. Wenn ein Begleiter Hilfe holen oder Unterstützung bieten kann, ist das im Falle des Falls sehr wertvoll.
Darüber hinaus gibt es Gegenden auf dieser Welt, in denen man schlicht nicht allein unterwegs sein sollte. Doch ob man da ausgerechnet wandern muss, lassen wir einmal dahingestellt.
Es kann immer etwas passieren. Manchmal muss man auch nur zur falschen Zeit am falschen Ort sein und schon ist man in ungeahnten Schwierigkeiten. Doch wie wahrscheinlich ist das?
Letztendlich braucht es eine subjektive Einschätzung objektiver Gefahrenpotentiale.
Lust auf Geselligkeit oder Zeit für sich selbst?
Die meisten Menschen unter uns werden eine Wanderung in ihrer Freizeit unternehmen. Da freut man sich auf die richtige Begleitung.
Der eine sucht bewusst die Stille und das Alleinsein. Wandern als Ruheinsel, um Zeit für sich selbst zu finden. Viele Alleinwanderer schätzen diese Momente, um sich von allen Ablenkungen zu befreien und abzuschalten. Das bietet Gelegenheit, den Gedanken freien Lauf zu lassen und auf diese einzugehen. Ich liebe es, in solchen Momenten äusserst kreativ zu werden.
Andere brauchen die Gesellschaft von Mitmenschen, um sich so richtig wohlzufühlen. Der Einfluss von Mitwanderern und die daraus resultierende Chance, auf andere Gedanken gebracht zu werden, sind für Gruppenwanderer ein grosser Teil des Reizvollen.
Allein zu wandern heisst, gut mich sich selbst auskommen zu können. Wer in der Gruppe unterwegs ist, braucht eine gute Anpassungsfähigkeit und sollte auch nachgeben zu können.
Selbstkontrolle
Seine Zeit genauso einzuteilen, wie man möchte, ist einer der grössten Antreiber für Alleinwanderer. Selbstkontrolle bedeutet dabei, die eigene Wandergeschwindigkeit bestimmen, Pause machen wann und wo man will und den Weg zu nehmen, den man möchte. Man braucht auf niemanden sonst Rücksicht nehmen und kann nach Lust und Laune über Zeit und Gelegenheit verfügen.
Der Unabhängigkeit eines Alleinwanderers steht der oft beschriehene Gruppenzwang gegenüber. Auch in einer Wandergruppe findet man Kompromissbereitschaft. Und je besser die Gruppe funktioniert und auf den einzelnen eingehen kann, umso mehr kann sich jeder Wanderer darin ausleben. Andere Menschen bringen andere Ideen mit. Warum sich also nicht auch mal auf den Vorschlag eines anderen einlassen?
Sharing is caring
In der Gruppe zu wandern, heisst Verantwortung zu teilen. Planung, Organisation, Durchführung oder schwierige Entscheidungen – niemand muss das allein auf seinen Schultern tragen, sondern die Verantwortung wird auf mehrere oder alle Schultern verteilt.
Gerade auf meiner Fernwanderung Budapest – Eisenach habe ich gemerkt, dass es auch sehr anstrengend sein kann, wenn man sich jeden Tag um alles selbst und komplett allein kümmert. Gerne hätte ich auch mal die Last einer Entscheidung geteilt oder die Planung der nächsten Wandertage abgegeben. Warum? Um mehr Zeit zur Erholung zu haben und für den eigenen Müssiggang.
Der schönste Gedanke bei einer Gruppenwanderung: „Das Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“ (Albert Schweitzer, deutsch-französischer Arzt, 1875 – 1965). Dem ist nichts hinzuzufügen.
Charakter des Erlebnisses
Meine Fernwanderung Budapest – Eisenach, die ich mehrheitlich allein bestritten habe, hat mir aufgezeigt, wie unterschiedlich das Erlebnis ist, allein zu wandern oder in einer (kleinen) Gruppe.
An die Tage, an denen ich nicht allein unterwegs gewesen bin, habe ich anders gelagerte Erinnerungen als an alle anderen. Die folgenden Beobachtungen sind wertfrei gemeint.
War ich nicht allein unterwegs, kann ich mich weniger deutlich an die Landschaft und die Ortschaften erinnern, durch die wir gewandert sind. Dafür habe ich sehr lebendige Erinnerungen an die intensiven und interessanten Gespräche, die wir währenddessen geführt haben. Gleichermassen fiel mir auf, dass ich, als ich nicht mehr allein war, weniger häufig ins Gespräch mit anderen Wanderern oder Einheimischen gekommen bin.
Der Grad der Herausforderung auf der Wanderung verändert sich. In beiden Fällen, egal ob bei einer Gruppenwanderung oder wenn man allein unterwegs ist, ist persönliches Wachstum garantiert. Die Art des Wachstums ist es, die unterschiedlich ist. Je nach Wunsch oder Ziel kann auch das ein Treiber für die Entscheidungsfindung sein.
Gesellschaftliche Anerkennung
Allein zu wandern, haftet immer noch eine negative besetzte Konnotation an. In manchen Blicken, die einem begegnen, liegt die offene Frage: Warum ist der oder die allein unterwegs? Hat die keine Freunde? Ist das ein verschrobener Einzelgänger?
Das muss man aushalten können, kann es doch gerade am Anfang befremden.
Es ist ausserdem hilfreich, schnell mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen und dabei auch regelmässig die Frage gestellt zu bekommen: Warum allein?
Dabei gibt es einen grossen Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit. Doch der scheint nicht immer bekannt zu sein.
Erfahrung
Umso häufiger man schon gewandert ist, umso erfahrener man ist, umso eher traut man sich, allein zu wandern. Mit der Zeit traut man sich allein längere Touren zu, vielleicht auch schwierigere.
Eine einfache Wanderung in einfachem Gelände lädt vielleicht auch einen Anfänger dazu ein, allein unterwegs zu sein. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass mit dem Schwierigkeitsgrad auch die Wahrscheinlichkeit einer Gruppenwanderung zunimmt. Das ist eine Frage der Sicherheit und Risikoeinschätzung.
Die Erfahrung zeigt auch, dass es gerade beim Gruppenwandern wichtig ist, eine harmonische Truppe beieinander zu haben. Man sollte sich einig sein über den Charakter einer Wanderung und man sollte, idealerweise, ein ähnliches Wandertempo mögen.
Wenn man weiss, wie die Mitwanderer ticken, ist das für alle Beteiligten angenehmer und genussvoller.
Allein wandern oder nicht allein? Mein Resümee!
Ich gebe es zu.
Ich bin überzeugter Alleinwanderer.
Die Freiheit, über Ziel, Geschwindigkeit oder Pausen nach eigenem Gutdünken entscheiden zu können, ist für mich besonders reizvoll. Ich liebe die Ruhe in der Natur, die ablenkungsfreie Stille, das Glück die Tour nach meinem Gutdünken einzuteilen. Ich schätze die wertvolle Gelegenheit, meinen Gedanken freien – und ununterbrochenen – Lauf zu lassen. Es ist spannend, worüber man sich so allein da draussen so seine Gedanken macht und zu welchen Schlüssen, Ideen, Plänen ich dabei so komme.
Allein wandern ist für mich ein El Dorado an Erholung, Kreativität, Seelenfrieden und Müssiggang.
David von „wanderwütig“ hat 5 Blogger gefragt, warum sie gerne allein wandern. Und ganz ehrlich – ich finde mich in ihren Antworten uneingeschränkt wieder.
Ich glaube, dass es entscheidend ist, vor einer Wanderung sich eine Frage vor Augen zu führen:
Warum möchte ich diese Wanderung machen? Worum geht es mir – um ein schönes Erlebnis mit jemandem zu teilen oder um eine Gelegenheit, einen Ausflug ganz nach meiner Façon zu unternehmen?
Wenn man sich diese Frage ehrlich selbst beantwortet hat, dann kann man die Wanderung richtig planen – und sich uneingeschränkt darauf freuen und einlassen.
Als SAC-Wanderführer bin ich regelmässig beim Wandern in meinen geliebten Tessiner Bergen in unterschiedlichen Gruppen unterwegs. Ich geniesse diese Tage jedes Mal sehr und freue mich, neue und altbekannte Gesichter wiederzutreffen. Es werden Erinnerungen aufgefrischt und, natürlich, Wandertipps ausgetauscht. Spannend ist auch jedes Mal die Breite an Gesprächsthemen zu erleben, die während solcher gemeinsamen Stunden unterwegs aufkommen. Das sind Erlebnisse, die verbinden.
Trotzdem.
So sehr ich auch die Gesellschaft von Mitwanderern geniesse, ich freue mich auch jedes Mal wieder, wenn ich allein wandere.
Dabei bin ich – ich.
Ich bin ganz bewusst zu Fuss unterwegs. Dorthin, wohin mich meine Füsse tragen und meine Gedanken steuern.
Warum entscheidest du dich für eine Gruppenwanderung oder eine Tour allein?
Du suchst Gleichgesinnte oder Interessierte, um in einer Gruppe zu wandern oder neue Menschen kennenzulernen? Hier kannst du sie finden:
- Meetup,
- Spontacts,
- Sektionen der Alpenvereine in der Schweiz (SAC), Deutschland (DAV) und Österreich (ÖAV),
- AirBnB oder
- andere Sport- und Freizeitorganisationen in deiner Stadt oder Gegend.
Ich mag beides. Es kommt darauf an was das “Ziel” der Wanderung ist m.E. Geht es mir um das persönliche und private Naturerlebnis oder geht es darum Zeit mit der Person/den Personen in der Natur zu verbringen. Geht es darum ein Ziel gemeinsam zu erreichen – gemeinsam zu wachsen. etc.etc.
Hallo Anna,
danke für Deine Gedanken. Ich denke auch, dass sich diese Frage am besten beantworten lässt, wenn man sich fragt: Warum möchte ich die Wanderung machen? Dann ergibt sich die richtige Begleitung ganz von allein – und meistens passt das dann auch bestens.
Ein fussiger lieber Wandergruss, Jana
Hallo Jana.
Wieder so ein schöner Artikel, der auch mir aus vollem Herzen spricht! Vielen Dank, Jana.
Ja, es macht Spaß, mit Gleichgesinnten unterwegs zu sein, abends gemeinsam beim Bier oder am Lagerfeuer zu sitzen und das Erlebte zu teilen. Ich habe viele Trekking-Touren mit Gruppen gemacht und dabei tolle Leute kennen gelernt, zu denen ich teilweise noch heute Kontakt habe.
Aber noch öfter gehe ich tatsächlich alleine. Für mich ermöglicht es ein viel intensiveres Eintauchen in die Natur, die Landschaft, die Kultur – und in mich selbst. So, wie Du es ja auch beschreibst. Zugegeben, ich musste mich erst daran gewöhnen, nur mit mir selbst unterwegs zu sein. Da können ja schon mal Gedanken und Gefühle hochkommen, die man im Alltag runter schluckt. Aber im Wald kann man ja ungestört heulen. Oder auch lachen, je nachdem.
Mir hat es sehr geholfen, die Kamera mitzunehmen. Beim Fotografieren bin ich total im Hier und Jetzt, und dann kommen weder Langeweile noch Zweifel auf. Für mich ist inzwischen das alleine Wandern unverzichtbar geworden. Es ist so einfach und wirkungsvoll, und Ich erhalte mir damit meine innere Balance. Ich möchte daher allen Mut machen, mal eine Solo-Tour auszuprobieren. Es muss ja nicht gleich der PCT werden. Auch vor der Haustür gibt es super Wandermöglichkeiten und allerhand zu entdecken.
Viele Grüße, Judith
Hi Judith,
vielen Dank für Deine schönen Gedanken. In Deinen Zeilen zum Alleinwandern finde ich mich genauso wieder. Wer zum ersten Mal allein wandert, der sollte sich keine zu anspruchsvolle Tour aussuchen, um nicht wegen zu hoher Herausforderungen den eigentlichen Genuss des Alleinwanderns zu verpassen.
Ich finde, allein zu wandern ist eine Erfahrung, die man einmal im Leben gemacht haben sollte … sonst könnte einem etwas entgehen.
Ein fussiger lieber Gruss, Jana